Asiatische Kochkunst hoch drei
Diese Aromen, diese Gewürze, diese Schärfe und Süße und ihr köstliches Zusammenspiel: Wenn die asiatische Frauengruppe in Langenhagen auftischt, sind ihre Gerichte so vielfältig wie der Kontinent selbst.
Foto(s): Frederik Röh
Sarin Jenrich
Drei Jahre Russland, 15 Jahre Honduras, vier Jahre Guatemala: Sarin hat viel von der Welt gesehen, weil ihr Mann als Landvermesser international tätig war. Aufgewachsen ist die Mutter eines 26-jährigen Sohnes in Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh, wo sie als Spezialistin für Radiotechnik arbeitete. Seit Oktober 2020 lebt sie in Hannover, der Heimat ihres Mannes, fand Anschluss bei der asiatischen Frauengruppe und gestaltet mit ihr kreative Abende. Zudem beeindruckt Sarin mit ihren Kochkünsten, inspiriert von den vielen Lebensjahren in Lateinamerika.
Suphaphon Petersen
Backen ist ihre große Leidenschaft. Kein Wunder, arbeitet die Thailänderin Suphaphon doch bereits seit 14 Jahren in hannoverschen Bäckereien. Die Liebe zum Backen reicht so weit, dass sie mit ihrem Freund einen YouTube-Kanal namens Toy&Tim betreibt. Dort zeigt sie, wie man Erdbeertorte, Pandan-Kokos-Brot oder Sonntagsbrötchen backt. Auch im Wurstmachen hat sie sich inzwischen zu einer kleinen Meisterin entwickelt. Für ihre asiatische Gruppe kocht sie gern Spezialitäten aus ihrer Heimatstadt Udon Thani, ein beliebter Touristenpunkt am Mekong.
Daisy Alipala-Hünerberg
Daisy liebt es zu tanzen. Kurzerhand gründete sie eine Tanzgruppe, mit der sie die traditionellen Tänze ihrer philippinischen Heimat einübt. Vor allem den Nationaltanz „Tinikling“. Die Tinikling-Tänzer imitieren die Eleganz und Geschwindigkeit des Tikling-Vogels durch geschicktes Tanzen zwischen großen Bambusstangen. Seit 1993 lebt Daisy, die in der Millionenmetropole Manila aufwuchs, mit ihrem deutschen Mann in Hannover. Die Mutter eines Sohnes stellt ihre Kochkünste auch im Mehrgenerationenhaus in Langenhagen unter Beweis.

Töpfe klappern, ein Messer zischt durch den Eisbergsalat, im Mörser wird Knoblauch gestampft. Acht Frauen wirbeln im Quartierstreff Wiesenau in Langenhagen für den Hierleben-Kochabend durcheinander. Die einen stehen Sarin aus Kambodscha zur Seite, die die vielen Zutaten für ihren Glasnudelsalat ausgebreitet hat. Bei dem Anblick von Salat, Möhren, Tomaten, Kräutern, Knoblauch, Chili und mehr erklärt Yaowanute Knüppel: „So vielfältig die asiatische Küche ist, gibt es doch auch viele Gemeinsamkeiten. Frisches Gemüse, Reis und Kokosmilch gehören dazu.“ Sie muss es wissen – die gebürtige Thailänderin mit chinesischen Wurzeln hat schon zahlreiche Veranstaltungen organisiert. Sie hat die asiatische Frauengruppe 2010 ins Leben gerufen, als erste und bislang einzige Gruppe im Raum Hannover, die gezielt Frauen aus allen asiatischen Ländern anspricht. Ihr Konzept ist aufgegangen. Jeden dritten Dienstag im Monat treffen sich die Frauen aus Vietnam, China, Kambodscha, Thailand, Sri Lanka oder den Philippinen, sprechen deutsch miteinander und tauschen sich immer zu einem anderen Thema aus. Mal üben sie sich im Tai-Chi oder im Schnitzen von Gemüse, mal tanzen sie, malen oder unternehmen einen Ausflug.

„Wir wollen uns gegenseitig helfen und die Kulturen unserer Nachbarn kennenlernen“, sagt Yaowanute. „Gemeinsames Kochen ist da eine der allerschönsten Gelegenheiten.“ Sie macht ein Foto von der Salatfülle, schließlich muss alles für den Internetauftritt festgehalten werden. Sarin kann ihr scharfes Messer genauso wenig entbehren wie ihren Mörser, in dem sie kraftvoll alle Zutaten für die Salatsoße zerstampft. Durch den Raum zieht ein herrlich würziger Geruch. Im Topf, den die Thailänderin Suphaphon unter Kontrolle hält, hat sich das Spiel der Aromen von roter Currypaste, Knoblauch und Kokosmilch entfaltet. In die sämige Flüssigkeit taucht sie die Hähnchenfleischstreifen und die Bambusstücke. Zitronengras, Kaffirlimettenblätter und Fischsoße setzen das i-Tüpfelchen an Wohlgeruch obendrauf. Suphaphon gibt auch gleich eine Erklärung zum Thema Fischsoße, vor deren Gebrauch hierzulande viele zurückschrecken. „Sie ist das Salz Südostasiens“, weiß sie. „Gut dosiert eingesetzt, gibt sie Speisen eine besondere Note. Wir Thais und auch Vietnamesen würzen mit Fischsoße fast alle Gerichte.“ Die anderen Frauen nicken zustimmend. Auch an Sarins Glasnudelsalat darf Fischsoße nicht fehlen. Ihre kambodschanische Spezialität lässt viele Variationen zu. Anstelle von Eisbergsalat kann man Weißkohl oder auch ganz andere Gemüse nehmen.
Und mittendrin ist Daisy mit den Vorbereitungen ihres Obstsalats beschäftigt. Dekorativ liegen die farbenfrohen Zutaten in den mitgebrachten Kokosnussschalen. „Was ist das?“ fragt Sabine, die einzige Deutsche an diesem Abend, die zur asiatischen Frauengruppe fand, weil sie nicht nur chinesisch lernt, sondern sich überhaupt für fernöstliche Kulturen interessiert. Sie zeigt auf die weißen, grünen und roten, etwas glibberig aussehenden Würfel. „Das ist Nata de Coco“, erklärt Daisy, „Gel aus bakteriell fermentiertem Kokosnusssaft. Ähnlich wie Götterspeise. Die verschiedenen Farben entstehen durch Aromazusätze.“ Sie hat für ihr Dessert vorwiegend auf Konserven zurückgegriffen. Frisches Obst jedoch wäre noch besser, meint sie und schneidet die frische Mango in Stücke. Zu einer philippinischen Süßspeise gehört unbedingt Kaong, eine stark gezuckerte Palmfrucht, die Krönung eines Desserts, wie Daisy meint, genauso wie Macapuno, Kokosnussfleisch von jungen Kokosnüssen.
Die vielen fleißigen Hände haben schnell den langen Tisch gedeckt und die Speisen aufgetragen. „Deliziös, raffiniert, abwechslungsreich“ heißt es von allen Seiten zu Vorspeise und Hauptgericht. Und Daisys Obstsalat? Im Nu sind die Kokosschalen geleert, so kalorienreich die Nachspeise auch war. Daisy führt mit Sarin gleich mal ein kleines Tänzchen auf. Die Kokosschalen klacken aneinander. Und Yaowanute fragt Sabine: „Zeigst du uns beim nächsten Treffen, wie man Bratäpfel macht? Wir wollen doch gegenseitig voneinander lernen.“
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