Carmen packt aus: Tomaten, Brot, Oliven, Kräuter, Knoblauch, kleine Fischlein, Orangen und vieles mehr. Sie breitet auf dem Tisch all das aus, was sie für ihre TapasVarianten braucht, die sie als Vorspeise servieren will. „In ganz Spanien ist es Sitte, dass man sich in einer Bar mit Freunden oder der Familie trifft, man tauscht sich aus, man genießt die kleinen Köstlichkeiten zu einem Bier oder einem Glas Wein“, erklärt die Tapas-Genießerin und freut sich darüber, dass die lange Tradition dieser spanischen Esskultur wie der Deckel zum Topf gehört. „Früher legte man auf das Glas Wein einen essbaren Deckel, eine Scheibe Schinken beispielweise, eine Tapa also, um Fliegen abzuwehren.“ Claudio und Pilar schauen fasziniert zu, wie Carmen die Brotscheiben mit Tomatenhälften einreibt, und hören, dass „Pa amb tomàquet“ ein typisches Gericht der katalanischen Küche ist, das zum Frühstück, als Vorspeise oder einfach zwischendurch gereicht wird.
„Wir müssen einen Prosecco trinken“, ruft Carmen, „das regt unseren Appetit an.“ „Salud!“ Carmen erhebt das Glas, und alle trinken auf die Gesundheit. Claudio hackt in Windeseile eine dicke große Zwiebel und ein paar Frühlingszwiebeln. „In Argentinien gehört die Zubereitung von Empanadas zum täglichen Leben“, erzählt er. Die beiden Frauen nicken zustimmend. Schließlich stammen die Empanadas ursprünglich aus Spanien, und Pilar kennt die beliebten Teigtaschen natürlich auch aus Peru und Paraguay. „Jede argentinische Provinz schwört auf ihr eigenes Rezept“, weiß Claudio. „In Zentralargentinien werden die Empanadas frittiert. Im Süden werden sie mit Lamm, Fisch oder Meeresfrüchten gefüllt.“ Er hat sich für die Hackfleischvariante entschieden, brät die Zwiebeln an und heizt den Backofen vor. Mit einem Knall landet sein Messer auf dem Fußboden. Carmen lacht: „In Katalonien sagen wir dann immer ‚salud y pesetas‘ (Gesundheit und Geld).“
„Und in Peru heißt es, jetzt kommen noch mehr Gäste“, sagt Pilar, während sie in dem Topf mit der lilafarbenen Flüssigkeit rührt. Sie scheute keine Mühe, den lila Mais zu besorgen, um mit dem Nachtisch „Mazamorra Morada“ aufwarten zu können. Stolz erzählt sie, dass ihr Heimatland Peru in Südamerika schon lange als kulinarischer Spitzenreiter gilt. „Das liegt vor allem an den drei klimatischen Zonen“, erklärt sie. „In jeder dieser Zonen wachsen gänzlich verschiedene Früchte und Gemüsesorten. Aus dem Regenwald stammen scharfe Gewürze und tropische Früchte. Kartoffeln, von denen es allein 2.500 Sorten gibt, und Mais werden in den Anden angebaut, und frischen Fisch für das Ceviche gibt es an der Küste.“ Den Mais hat sie schon zu Hause ausgekocht, da die langwierige Prozedur ein paar Stunden dauert. Mit dem so gewonnenen Chicha Morada, dem lila Saft, wird mit Maisstärke, Ananas und Backpflaumen eine Art Pudding gekocht.
Claudio gibt jeweils einen großen Löffel der gebratenen Hackfleischmischung auf die kreisrunden Teigplatten, die man fertig kaufen kann. Jetzt kommt der „repulgue“, das kunstvolle „Flechten“ des Randes. Dabei wird der Rand mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger Stück für Stück nach innen eingedreht. Pilar und Claudio beherrschen diese Fingerübung perfekt. Während die lila Speise abkühlt, bräunen die Teigtaschen im Ofen. Carmens Tapas sind appetitlich angerichtet. Vorbereitet hatte sie in ihrer eigenen Küche bereits die Tortilla española, eines der zentralen spanischen Nationalgerichte, das aus Kartoffeln, Eiern, Olivenöl und Salz besteht: „Wir essen die Tortilla einmal in der Woche. Man kann das Grundgericht auch mit Gemüse wie Zucchini, Zwiebeln oder Paprika variieren.“ Als Claudio den argentinischen Rotwein in die Gläser gießt, zitiert Carmen den großen spanischen Dichter Miguel de Cervantes: „An deinem Herd bist du genauso ein König wie jeder Monarch auf seinem Thron.“ Da können wir der lustigen Runde nur noch „Guten Appetit“ oder stilvoll „Buen Provecho“ wünschen.
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