Farzaneh stellt erst einmal eine Glasschale auf den Tisch. „Stärke-Kekse aus Persien“, erklärt sie. „Die habe ich zu Hause gebacken. Ihr müsst sie unbedingt probieren!“ Ihr Mann Farshad und ihre Tochter Dina waren von der Idee der Kochrunde genauso begeistert wie sie und sind kurzerhand mitgekommen. Kein Wunder, denn die drei sind selbst eine internationale Familie: Farshad stammt aus der Türkei, Dina besucht eine dänische Schule. „Wir sprechen fünf Sprachen durcheinander, manchmal in einem Satz“, erzählt Farzaneh und lacht. Passend dazu begrüßt Tatjana Farshad auf Türkisch. Sie hat im Urlaub dort ein paar Sätze gelernt.
Die drei Hobby-Köchinnen verstehen sich auf Anhieb. Alle haben Familie, alle haben sich eigenständig Deutsch beigebracht, alle vermissen im norddeutschen Winter die Wärme ihrer Heimat und alle kochen leidenschaftlich gern. Lilia hat für den kolumbianischen Eintopf reichlich Gemüse eingekauft und bindet erst einmal Lauchzwiebeln, Thymian, Petersilienwurzel und Korianderwurzel zusammen. Den größten Topf, den sie finden konnte, füllt sie mit Wasser, legt das Fleisch und das duftende Bouquet hinein und wirft ein paar Knoblauchzehen hinterher.
Tatjana konnte sich nur schwer für ein Gericht entscheiden. Die 55-Jährige liebt die herzhafte Küche ihrer Heimat und kocht oft für sich und ihren Sohn, ist aber auch sportlich und lebt gesundheitsbewusst. „Tschebureki, das sind Teigtaschen, sind leicht gemacht, sie stammen übrigens von den Krimtartaren. In Kasachstan wird meist Lammfleisch verwendet, aber ich nehme Rindfleisch.“ Sie wirft einen kurzen Blick auf das Rezept. „Zu Hause mache ich alles mit Augenmaß“, schmunzelt sie. Schnell hat sie Mehl gesiebt, mit Öl, Salz und Wasser vermengt und einen Löffel Essig hinzugefügt. „So wird der Teig beim Frittieren knusprig. Wodka ginge auch“, verrät sie mit einem Augenzwinkern. Gekonnt walkt sie den Teig, schneidet professionell die Zwiebeln klein und vermengt sie mit dem Hackfleisch. Jetzt darf alles etwas ruhen. Sie erzählt den anderen von ihrer Heimat: „Ich mag es, dort über den Wochenmarkt zu schlendern. Es gibt viele unterschiedliche Nationalitäten in Kasachstan, alle bieten ihre typischen Zutaten an. Übrigens habe ich auch koreanische Vorfahren!“
„Ich habe 13 Geschwister, die auf der ganzen Welt verteilt sind“, antwortet Lilia. „Meine Mutter lebt noch in Bogotà. Sie ist 97 und trotz der vielen Kinder topfit.“ Nebenbei zerkleinert sie die Kochbananen und schält die runzelige Haut der Yuca-Knolle ab. „Kolumbianische Küche – da ist so viel Fantasie,“ schwärmt sie. „Und alle sind großzügig. Es gehört zu unserer Kultur, egal, ob reich oder arm. Jeder ist willkommen beim Essen.“ Tatjana und Farzaneh nicken zustimmend. „Das ist bei uns ebenso“, sagen sie. Farzaneh träumt davon, ihre Kultur mit einem Café-Projekt in ihre neue Heimat zu bringen. „ Geschenkartikel, Café und Restaurant, und das alles an einem Ort“, so ihre Idee. Nebenbei püriert sie den gekochten, duftenden Reis und fügt Mandeln hinzu. „Normalerweise nehme ich iranischen Reis. Aber den gibt es nur in Fünf- Kilo-Säcken. So schwer wollte ich nicht tragen.“ Jetzt kommt Rosenwasser dazu und schließlich Safran. „Safran ist ganz wichtig und wertvoll bei uns. Wir nennen es ‚das Rote Gold‘“, erklärt sie. Beim Verzieren ist Tochter Dina mit Feuereifer dabei. Ihre Mutter legt eine Schablone über die Schüssel und stäubt Zimt darüber. In das Muster legt sie Mandelblättchen, Dina platziert vorsichtig Zuckerperlen in die Mitte – fertig sind wunderhübsche Blüten.
Tatjana hat inzwischen den Teig ausgerollt. Statt eines Teigrädchens nimmt sie kurzerhand einen Teller, um die Fladen rund abzustechen. Beim Frittieren plustern sich die Tschebureki ordentlich auf. Lilias Eintopf ist auch fertig. „Möglichst von allem etwas in jeden Teller“, murmelt sie, während sie großzügig die Teller füllt. In großer, fröhlicher und mehrsprachiger Runde schmeckt es fantastisch. Farzaneh und Lilia verabreden sich sogar, künftig gemeinsam Dänisch zu lernen, und schicken sich noch am selben Tag die ersten Nachrichten.
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