Genussreise durch Asiens exotische Küchen
Für die drei Frauen in dieser Hierleben-Kochrunde sind vor allem drei Dinge wichtig: frische Produkte, jede Menge Gewürze und schonende Zubereitung. Nur so entstehen gesunde, gut bekömmliche und genussvolle Gerichte, die den hohen Rang der asiatischen Kochkultur ausmachen.
Foto(s): Frederik Röh
Thi Anh Tuyet Do
Vier Nächte und fünf Tage verbrachte sie in einem kleinen Boot auf See. Die Flucht vor den Vietcong aus Saigon mit der kleinen Schwester endete für die damals 18-Jährige glücklich in Deutschland. Anh Tuyet, was Schneeflocke bedeutet, fand liebevolle Aufnahme bei einer Deutschen, lernte Schneiderin, heiratete, trennte sich und zog drei Kinder allein groß. In der asiatischen Frauengruppe in Langenhagen bringt sie sich mit einem Gymnastikkurs und ihren Kochkünsten ein und ist glücklich, dass sie dort viele Frauen kennenlernt.vn
Yi Wen
Scharfes Essen, possierliche Pandas, glitzernder Brokat. Damit punktet Chengdu, Yis Heimatstadt und Hauptstadt der Provinz Sichuan mit mehr als 15 Millionen Einwohnern. Als Studentin der analytischen Chemie lernte sie ihren deutschen Mann kennen, der in China als Dozent arbeitete. 2009 zog sie mit ihm nach Hannover. Yi interessiert sich für Tanz und Kunst und kocht gern chinesisch, thailändisch oder japanisch. Auch Grünkohl, klassisch niedersächsisch zubereitet, beherrscht sie perfekt, weil es die Leib- und Magenspeise ihres Mannes ist.
Hatthaya Mischke
Aufs Obst- und Gemüseschnitzen, Fruit Carving genannt, versteht sich Hatthaya meisterhaft. In Thailand lernt man diese Kunst schon als Kind. „Es ist wie mit dem Klavierspiel, man muss regelmäßig üben“, erzählt sie. Die Mutter eines zehnjährigen Sohnes kümmert sich als Mitgeschäftsführerin eines japanischen Imbisses um Einkauf und Buchhaltung. Aus der Provinz Nong Bua Lamphu kam sie der Liebe wegen 2008 nach Hannover. Aber Thailand ist für sie nicht aus der Welt. Einmal im Jahr fliegt sie in ihre geliebte Heimat.

Wie auf einem Wimmelbild: Zehn Frauen eilen geschäftig zwischen Küchenschränken, Herd, Spülbecken und großem Tisch, der in der Mitte des Raums steht, hin und her. Berge von Salat werden ausgebreitet und geputzt, Garnelen abgespült, Eier aufgeschlagen. Yaowanute Knüppel, die Gründerin der asiatischen Frauengruppe, die sich monatlich im Quartier Wieseneck in Langenhagen trifft, dirigiert vorsichtig das Geschehen. Schon einmal hat ein Trio aus der Frauengruppe für Hierleben gekocht, was allen solchen Spaß gemacht hat, dass sich erneut drei Kandidatinnen bewarben, sich für das Magazin an den Herd zu stellen. „Ihr macht das toll“, ruft Thi Anh Tuyet Do aus Vietnam ihren Mitstreiterinnen zu. Sie ist für die Vorspeise verantwortlich und freut sich, dass es den kurz aufgekochten Garnelen an den Kragen geht. Die Panzer werden von vielen fleißigen Händen geknackt, sorgfältig wird der Darm entfernt. Sie selbst brät in der Pfanne luftige Omeletts, die wie die Garnelen als Füllung der Sommerrollen dienen.

Die Thailänderin Yaowanute resümiert: „Eigentlich gibt es die asiatische Küche, von der immer die Rede ist, nicht. Die Kochkulturen des asiatischen Kontinents sind wahnsinnig vielfältig“, sagt sie. Allerdings gebe es auch Gemeinsamkeiten. So sei viel frisches Gemüse eine der Hauptzutaten, die mit Fleisch und Fisch ergänzt werden. Ingwer, Chili, Curry und Sojasoße sind die meistverwendeten Gewürze. Da steht plötzlich das Wort „Umami“ im Raum. Es lässt sich mit fleischig, herzhaft oder wohlschmeckend übersetzen. Gemeint ist damit ein vollmundiger Geschmack, wie er typisch für Fleisch, Käse oder Pilze ist. „Umami kann man als Gewürz fertig kaufen, aber auch selber machen“, weiß Yaowanute. Inzwischen hat Anh Tuyet die Reisnudeln gekocht und das Reispapier für ihre Sommerrollen in lauwarmem Wasser eingeweicht. Neben Salat, Koriander und Reisnudeln werden die einen mit Omelettstreifen gefüllt, die anderen mit Garnelen. Als Dip dazu wird noch eine würzige Soße zubereitet.
Yi schneidet Knoblauch, die Zehen häufen sich auf ihrem Brett. „Knoblauch bringt viel Kraft“, sagt die Chinesin lachend. Hatthaya hilft beim Schneiden der Frühlingszwiebeln, die sorgfältig in grüne und weiße Stücke getrennt werden. Dann geht es an den Herd, um das Hauptgericht Mapo Tofu zuzubereiten, das klassische Gericht aus der Provinz Sichuan. Die Küche Sichuans ist bekannt für ihre Chilischärfe und vor allem für den gleichnamigen Pfeffer. „Eigentlich ist Sichuan Pfeffer kein Pfeffer“, erklärt Yi, „sondern die Samenkapsel einer Zitruspflanze.“ Kenner schätzen das leichte Prickeln mit kurzer, aber angenehmer Taubheit im Mund. In Kombination mit feurigen Chilis ist dies ein Effekt, der in der Küche der Provinz Sichuan als „ma la“ oder „betäubende Hitze“ bezeichnet wird. Eine unverzichtbare Zutat ist auch Toban Djan, die salzige Paste aus Chilischoten und fermentierten Bohnen. Man nennt sie auch die „Seele der Sichuan Küche“. „Mapo Tofu ist einfach eines der herzerwärmendsten Gerichte aus dem Reich der Mitte“, sagt Yi mit Überzeugung. Hatthaya Mischke baut die spezielle Maschine zum Eiszerkleinern für ihr Dessert auf – wer keine solche Maschine hat, kann auch Muskelkraft mit einem Nudelholz walten lassen. Yaowanute Knüppel erzählt: „Für uns gibt es nichts Schöneres als Namkhaeng Sai“. Übersetzt heißt dies „rasiertes Eis“. Neben den fein zermahlenen Eisraspeln sind die Hauptbestandteile Früchte, gezuckerte Kondensmilch und Sirupe in verschiedenen Geschmacksrichtungen und Farben. Es gibt zwischen 20 und 30 Varianten dieser Nachspeise. Man kann auch junge, in Kokosmilch eingeweichte Kokosnuss, schwarzen Klebereis, Kastanien, gesüßten Taro (ein kartoffelähnliches Gemüse), rote Bohnen, Sarim (dünne Reismehlstränge) und vieles mehr verwenden – ganz nach Belieben.
Der Tisch ist gedeckt. Der Fotograf probiert schon mal eine Sommerrolle. „Knackig, frisch, bekömmlich“, sagt er fröhlich kauend. Und nimmt sich schon die nächste. Kein Wunder, dass alle anderen Speisen genauso gut schmecken, sind wir doch auf einer Genussreise durch Asiens Küchen zu Gast.
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