Olya trägt einen gewagten Fingerring, einen echten Hingucker: auffällig geschwungen und aus filigranem Silber. Der Ohrschmuck passt perfekt dazu, und sogar ihr T-Shirt zeigt eine Frau, deren Stirn mit einer feinen Silberkette geschmückt ist. „Das habe ich alles in Armenien gekauft. Ich konnte nach acht Jahren endlich wieder dorthin reisen!“, erzählt die 34-Jährige. Über ihr T-Shirt bindet sie eine Schürze mit einem Muster aus Granatäpfeln und Aprikosen. „Die Symbole von Armenien“, erklärt sie und holt noch eine silberne Dose in Form eines Granatapfels hervor. „Unsere süßen Aprikosen vermisse ich sehr. Hier schmecken sie einfach anders: Die Sonne fehlt“, bedauert sie. Für ihren gefüllten Kürbis sind die Trockenfrüchte, die sie in feine Streifen schneidet, aber bestens geeignet. Der Reis kocht, den Hokkaido hat sie zickzackförmig aufgeschnitten und ausgehöhlt. „Dieses Rezept kennt in Armenien jede Familie und bereitet es an Festtagen oder nur so das ganze Jahr über zu. Früher war es vor allem eine Fastenspeise.“ Es gibt sogar ein traditionelles Lied zum Gericht, das jedes Kind kennt: „Hey Jan Ghapama“.
Eine Form von Luxus ist das süße Gebäck von Hannah Joy. „Wenn es in Ostafrika einen Nachtisch gibt, dann meist frische Früchte“, erzählt sie. Zucker stand und steht traditionell in Uganda nicht selbstverständlich bereit, insofern sind die Mandazi etwas Besonderes. Sie ähneln Mutzen, die bei uns auf Jahrmärkten angeboten werden. Die 13-Jährige rührt in großer Ruhe den Teig zusammen, rollt ihn aus und trennt akkurat viele kleine Rechtecke ab. Backen ist ihre Leidenschaft, und ihre Eltern und Geschwister bekommen zum Geburtstag immer einen mit Liebe zubereiteten Kuchen.
Bente schaut zu, was die beiden anderen machen. Sie hat Hähnchenfleisch in Brühe aufgesetzt und wartet, bis es gar ist. „Diese Vorspeise ist einfach und geht schnell. Das ist das Lieblingsessen fast aller Dänen“, sagt sie. Wenn Spargel Saison hat, kommt er natürlich frisch hinzu; dann ist dieses Essen für viele dänische Familien ein Muss. Aber es funktioniert auch gut mit dem Gemüse aus dem Glas. Das Blätterteiggebäck ist in Dänemark ebenso wie in Deutschland fertig zu bekommen. „Einige machen es selbst, aber das ist etwas kompliziert“, findet Bente. Kurz sucht sie nach der Übersetzung für die zerbrechlichen Törtchen, es fällt das Wort Pasteten. „Pasteten? Die sind in Dänemark aus Fleisch! Das Gebäck heißt Tarteletter“, wundert sich die 59-Jährige, die seit ihrer Schulzeit deutsch spricht und erst seit Kurzem in Schleswig lebt. Sie arbeitet aber weiterhin in ihrem Heimatland. „Dann besuche ich natürlich auch meine drei Kinder und sechs Enkelkinder.“ Olya zerkleinert inzwischen die Nüsse. Sie brät sie mit Reis und Trockenfrüchten zusammen in Butter, gibt reichlich Honig und Zimt dazu, füllt alles in den Kürbis. Die essbare Schale bestreicht sie mit Öl. „So bleibt die Farbe schön.“ In Alufolie gewickelt, kommt der Kürbis in den Ofen.
Bente hat sich wieder an den Herd gestellt, rührt eine Mehlschwitze und füllt sie mit Spargelwasser, ein paar Löffeln Hühnerbrühe und Sahne auf. Auf das Rezept schaut sie gar nicht mehr. „Ich mache es doch immer etwas anders“, schmunzelt sie. Zum Anrichten braucht sie nur ein paar Minuten: Die Tarteletter werden im Ofen gewärmt, mit der HähnchenSpargel-Mischung gefüllt, fertig. Hannah Joy frittiert die Teigrechtecke, die sich dabei hübsch auf das Doppelte aufblähen. Ihre Mutter Jeanette, die die Schülerin begleitet, erzählt inzwischen von einem Projekt, das sie, ihr Mann und gute Freunde seit drei Jahren mit Herzblut betreiben: ein Kinderheim in Uganda. Im vergangenen Jahr war ihre ganze Familie dort. Es war bestimmt nicht das letzte Mal.
Nach einer Stunde ist der Kürbis fertig, er leuchtet orange, und aus dem Inneren duftet es herzhaft und süß. Die Tarteletter werden noch rasch mit Petersilie und kleinen Tomaten dekoriert. Zum süßen Abschluss steht ein Berg Mandazi bereit – bestäubt mit einer Extraportion Puderzucker, der hier ein paar Cent kostet, anderswo auf der Welt aber purer Luxus ist.
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