Die internationalen Kochrunden für Hierleben gehen immer sehr munter und fröhlich zu. Doch selten wurde dabei so viel gelacht wie diesmal hier in Hannover. Alle Beteiligten kennen sich gut, und so flogen die Bonmots unter Freunden nur so hin und her. Susan und Sonja, Cristianos Frau, sind Kolleginnen. Sie treten gemeinsam mit ihrem eigenen Ensemble trio.s auf. Die Dritte im Bunde, Sofia, eine Akkordeon- Solistin, ist gerade im Ausland, aber Vlado hat die Sängerinnen schon oft musikalisch begleitet, sodass er auch gern in der Küche auftritt. Sonja sieht zwar sehr italienisch aus, ist aber urdeutsch und hat daher ihren italienischen Ehemann Cristiano mitgebracht. In Susans schöner großer Küche kochen und feiern alle oft gemeinsam, das nächste Mal wieder an Silvester.
Heute gibt es eine Premiere: Susan kocht das erste Mal selbst Baba Ghanoush. „Ich habe bisher immer nur meiner Mutter zugeschaut. Sie macht es zu Geburtstagen, für Gäste und zu Weihnachten. Das feiern wir immer.“
Vlado ist jetzt auch startklar, erkennbar an der knallblauen Schürze, die er sich für seinen Einsatz umgebunden hat. Dann verkündet er, dass er für die Zubereitung der kroatischen Spezialität, die es zum Nachtisch geben soll, den gesamten Küchentisch benötigt, und der ist nun wirklich nicht klein. Daraufhin stattet Susan schnell alle mit Messern aus, um zuerst die Zutaten für ihre Vorspeise zu zerkleinern. Cristiano, der mit südländischem Temperament an diese Aufgabe herangeht, wird von ihr gleich wieder gestoppt und erhält eine Einweisung, wie Spitzpaprika korrekt zerkleinert wird: „In der arabischen Küche ist es wichtig, dass alles ganz fein und winzig klein geschnitten wird.“
Danach wird der Tisch für Vlado geräumt, der es sich nicht nehmen lässt, den Teig für seine Strudel selbst zuzubereiten. Der wird Yufka oder Filoteig genannt, stammt aus der türkischen und arabischen Küche und ähnelt Blätter- oder Strudelteig. Wer ihn nicht selbst machen möchte, kauft fertige Yufka-Blätter. Vlado siebt zuerst das Mehl – „ja, das muss sein“ – und knetet dann sehr lange und sehr sorgfältig den Teig. „Das habe ich schon oft gemacht“, sagt er. Ein anstrengender Job. Auf Vlados Stirn steht der Schweiß, den Cristiano liebevoll abtupft – Anlass zu neuen Heiterkeitsausbrüchen der Anwesenden. Das ist gutes Männer-Teamwork, auch beim Zucchinischneiden, während Susan und Sonja die Auberginencreme weiter zubereiten.
Die Vorspeise ist nahezu fertig, das Dessert ist in Arbeit. Als letztes wird das Hauptgericht zubereitet, denn das soll warm gegessen werden. Daher hat Cristiano jetzt den Herd für sich und setzt erst einmal Wasser auf, um die Salsiccias, die kleinen würzigen italienischen Würstchen, abzukochen, bevor sie für die Soße weiterverarbeitet werden. Im Restaurant seines Onkels würde selbstverständlich die Pasta von Grund auf frisch zubereitet werden, sagt er, aber es sei ja auch kein Problem, Qualitätspasta frisch zu kaufen und es sich etwas einfacher zu machen. Die Nudeln seines Rezepts heißen Strozzapreti, was so viel bedeutet wie „möge der Priester daran ersticken“. Zur Frage, wie die Bezeichnung für diese kurzen, in sich verdrehten Nudeln entstanden ist, ranken sich eine Reihe von Geschichten. Cristiano legt sich da aber nicht fest und sagt, man könne gern auch andere Nudeln nehmen, zum Beispiel Farfalle. Keine Kompromisse macht er beim Wein. „Auch zum Kochen sollte man einen guten auswählen.“
Faszinierend dann die Vorführung, wie Vlado auf dem großen Tisch, der mit einem weißen Tuch bedeckt ist, großflächig seinen Teig auszieht – so dünn, dass man darunter die Zeitung lesen könnte, und dabei ohne Falten und Risse. Vlado ist hochkonzentriert, Cristiano tupft noch einmal seine Stirn ab und reicht das Skalpell, pardon, ein Küchenmesser, mit dem der Chef die Ränder begradigt. Schließlich landet der gefüllte Strudel im Ofen, und Cristiano kocht fix seine Pasta mit der leckeren Soße und bereitet noch schnell die Rinderhack-Variante für Susan vor, die als Muslima kein Schweinefleisch isst. Vlado bindet sich die Schürze ab und zieht ein frisches Hemd an. Er fühlt sich wie nach einem Marathonlauf, aber seine Strudel werden sehr bewundert. Jetzt darf geschlemmt werden, und es steht guter Rotwein auf dem Tisch – „Salute“, oder auf Kroatisch: „Živjeli“.
Anschließend müssen alle helfen, die Küche aufzuräumen. Susan kann auch sehr streng sein …