Gekocht wird heute in einer kleinen Küche des Marie- Christian-Heims in Kiel. In dieser hübsch angelegten Einrichtung leben Menschen mit unterschiedlichen Einschränkungen. Allen wird geholfen, möglichst auf eigenen Beinen zu stehen. Stanislas, Robyn und Rosaline haben hier ihren Bundesfreiwilligendienst absolviert und sich so kennengelernt, obwohl ihre Heimatländer Burkina Faso, Simbabwe und Indonesien so weit voneinander entfernt liegen. „Wir wohnen hier alle“, erzählt die Asiatin Rosaline. Und Stani beschreibt, was ihre Aufgaben sind beziehungsweise waren als „Bufdis“: „Betten machen, Wäsche waschen, für die Bewohner da sein – das bringt Spaß.“ In diesem Moment schaut eine ältere Frau mit geistiger Einschränkung in die Küche, und Stani begrüßt sie überschwänglich mit einem breiten Grinsen: „Hey, wie geht es dir?“, ruft er.
Nun wird aber gekocht. Die drei packen ihre Zutaten aus und fangen an, frisches Gemüse zu schneiden, Fleisch im Topf zum Kochen zu bringen oder Teig für die Nachspeise zu rühren. Stani, Robyn und Rosaline sind alle noch nicht lange in Deutschland und dementsprechend eng verbunden mit ihrer Heimat. Auch an das deutsche Essen haben sie sich noch nicht gewöhnt. „Ja, es ist manchmal lecker, aber nicht so mein Ding“, sagt Stani und lacht herzlich. In seine Suppe kommen viele scharfe Gewürze. Heute macht er eine Light- Version – in Burkina Faso wird noch viel schärfer gegessen. Robyn rührt das Maismehl ein und schneidet die Kohlrabiblätter klein. Auch Fleisch gehört zu ihrem Gericht aus Simbabwe. Deutsches Essen? „I like Grünkohl“, grinst sie. „Das erinnert mich an diese Sadza.“ Robyn spricht einen Mix aus Englisch und Deutsch. „Ich muss Deutsch noch besser lernen, damit ich Pflegefachfrau werden kann.“ Die beiden erzählen, was sie privat mögen: Stani fährt gern mit dem Bus in die Kieler Innenstadt, geht auch mal in Clubs und hört ab und zu afrikanische Beats. „Nichts für mich“, sagt Robyn. „Ich häkele gern. Und ich gehe jeden Sonntag in die Kirche.“ Unterschiedlich, die zwei, aber sie verstehen sich super.
Die dritte im Bunde, Rosaline, ist heute für die Nachspeise zuständig und arbeitet still und friedlich vor sich hin. Durch die Pandanpaste wird der Teig für die Bananen neongrün. Dazu der rote Sirup – was für ein farbenfrohes Dessert. „Indonesien ist ein muslimisches Land, wir machen das Dessert zum Ramadan“, erzählt die Asiatin. Mithilfe des Google-Übersetzers verrät sie noch mehr über ihre Wurzeln: „Ich bin ein Batak aus Nord-Sumatra“, liest sie vom Handy ab und lächelt. Sie erzählt von der Wärme im Land, von Orang-Utans und Tigern. Da kommt auch Stani wieder ins Spiel: „Wir haben in Burkina Faso große Elefanten. Und Krokodile. Die sind nicht gefährlich. Da kann man drauf sitzen.“ Früher gab es auch noch Löwen, erzählt der Afrikaner, aber die Zeiten seien vorbei. Auch politische und wirtschaftliche Situationen werden ausgetauscht. Terrorismus in Westafrika, die schlechten Verdienstmöglichkeiten in Simbabwe – all das beschäftigt die jungen Menschen. Robyn hat die Erfahrung gemacht, dass es sich finanziell besser in Südafrika als in Simbabwe leben lässt.
Aber dennoch steht heute das Kochen im Mittelpunkt – und das verbindet eindeutig. Stani und Robyn kennen zum Beispiel beide Sadza. Und beide kochen ihr Fleisch im Wasser weich. Gemüse und eine gesunde Ernährung sind ihnen wichtig. Nach gut einer Stunde sind sie fertig mit den Vorbereitungen. Der Geschirrspüler ist rappelvoll. „So viel Abwasch!“, staunt Stani. Zusammen setzen sie sich an den Tisch, um die drei Gänge zu genießen. Ab und zu wirft ein Heimbewohner einen neugierigen Blick hinein und bekommt ein freundliches Hallo zurück. Nach den grünen Bananen, die gar nicht so süß sind, wie man vermuten könnte, sind alle satt und zufrieden. Und müde. Es war ein langer Arbeits- und Kochtag – aber ein sehr erfüllter.
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