Delikatessen aus dem Dunkel
Vom Frühling bis zum Herbst vergehen auf dem Hof von Henrik Rüschmeyer in Roydorf bei Winsen/Luhe nur knapp drei Wochen. Er züchtet braune und weiße Champignons. 20 Tage dauert es, bis die Pilze ihren biologischen Herbst erreicht haben und reif für die Ernte sind.
Foto(s): Frederik Röh
Ich zeige Ihnen jetzt den Frühling“, sagt Champignonzüchter Henrik Rüschmeyer und öffnet die Tür zu einem seiner acht klimatisierten Anzuchttunnel. Frühling bedeutet: Dies ist ein Tunnel für den Start einer neuen Kultur. Hier ist es warm, feucht und dunkel – so, wie Champignons es lieben. „Das gedämpfte Licht brauchen wir nur selbst zum Arbeiten.“ Champignons gewinnen ihre Energie nicht durch Photosynthese, benötigen also kein Licht. Sie wachsen in einer dicken Substratschicht, die von einem Spezialbetrieb hergestellt wird und vorwiegend Kompost aus Pferde- und Hühnermist sowie Torf enthält. Die auffallenden weißen Streifen in der dunkelbraunen Masse sind das Pilzmyzel. „Sie sind das Geflecht aus Zellfäden, aus dem sich die Fruchtkörper, also die Champignons, entwickeln. Das Myzel wird schon im Werk beigemischt, jeweils für braune oder weiße Sorten“, erklärt der Pilzexperte.
Es begann mit Kartoffelkisten im Keller
Im Anzuchttunnel lagern die „Champignonbeete“ auf großen Gestellen mit jeweils drei Etagen. Eine Woche lang ist hier jetzt Wachstum angesagt, wobei Temperatur und Feuchtigkeit vom Computer überwacht werden. Henrik Rüschmeyer ist Champignonzüchter in dritter Generation. Sein Großvater war Kriegsgefangener in Belgien, lernte dort die Champignonzucht kennen und bildete sich nach Kriegsende vor Ort weiter. 1948 stellte er die eigene Landwirtschaft in Roydorf auf Pilze um. Nach ersten Anfängen mit Kartoffelkisten im Keller wurde der Betrieb immer mehr erweitert. 1981 übernahm sein Sohn Hans-Heinrich Rüschmeyer, der einen voll technisierten Neubau errichtete, und im Jahr 2016 Enkel Henrik Rüschmeyer.
Vorsichtige Handarbeit gefragt
Nach dem Blick in den Champignon-Frühling geht’s jetzt in den „Sommer“: den Tunnel, in dem auf den Beeten bereits die kleinen Pilze wie Knöpfe zu erkennen sind. Und schon ist im „Herbst“, in der dritten Woche, die Erntezeit erreicht. Sie erfordert scharfe Messer und viel aufwendige Handarbeit. Einzeln werden die delikaten Pilzköpfe in der gewünschten Größe plus Stiel vorsichtig abgeschnitten. „Champignons sind empfindlich und bekommen schnell unerwünschte Druckstellen. Sie müssen behandelt werden wie rohe Eier“, sagt Henrik Rüschmeyer. Täglich wird geerntet und in Schalen oder lose ausgeliefert. Noch ein Tipp des Champignonzüchters: Zu Hause bleiben die erntefrischen Delikatessen bis zu drei Tage frisch, wenn man sie im Kühlschrank lagert.
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