Spezialitäten aus Lübeck haben meist mit einer großen Geschichte zu tun. Neben dem Marzipan gehört der Rotspon zu den Markenzeichen der Stadt. Das Traditionshaus H. F. von Melle liefert diesen Rotwein bis heute – ebenso wie den eleganten Althäuser Sekt und den spritzig-fruchtigen Althäuser Secco.
Wieso kommt ein Rotwein aus Lübeck – einer Region, die nicht gerade als Weinanbaugebiet bekannt ist? Die Antwort konnten schon die Offiziere Napoleons geben: Als sie nach der Einnahme Lübecks (1806–1813) erkannten, dass der Bordeauxwein aus der Hansestadt im hohen Norden erheblich besser schmeckte als der zu Hause in Frankreich, begann die große Karriere des Lübecker Rotspon. Der Rotwein, den Thomas Mann in seinem Jahrhundertroman „Die Buddenbrooks“ verewigte, startete schon im 14. Jahrhundert seinen Siegeszug durch Europa. Damals sollen die ersten Hansekoggen an der französischen Westküste Bordeauxwein gebunkert haben, um ihn anschließend nach Lübeck zu befördern – zunächst als Beifracht zum damals wertvollen Salz.
Diese Weine bekamen die volkstümliche Bezeichnung „Rotspon“: Sie bedeutet ursprünglich roter Span, also „rotes Holz“. „Die Bezeichnung ergab sich durch die intensive Rotfärbung der Holzfässer, in denen der Wein während der Reife in den Lübecker Weinkellern lagerte“, erläutert Heinrich Püplichhuisen, Inhaber des Weinhandels H. F. von Melle. Die Bezeichnung „Lübecker Rotspon“ gilt für gereifte Rotweine französischer Herkunft, die lose nach Lübeck gebracht und, wie in der Kellerei der Weinhandlung von Melle, nach alter Tradition auf Flaschen gefüllt werden. „Nur dann darf der Lübecker Rotspon diese Namensbezeichnung tragen“, ergänzt Manuel Mack, Weinbauingenieur und Geschäftsführer im Weinhaus von Melle. Und wie muss so ein echter Rotspon schmecken? Von den fünf Sorten, die famila im Sortiment führt, gehört „Rotspon Cuvée Fredenhagen“ zu den gefragtesten Tropfen des Weinhandels. „Er stammt nur aus guten südfranzösischen Jahrgängen und hat deshalb eine außergewöhnliche Reife erlangt. Es ist ein Wein von tiefdunklem Rubinrot, voluminös und angenehm samtig im Abgang“, erläutert Fachmann Manuel Mack.
Von den einst über 50 Weinhandelshäusern in Lübeck sind nur wenige übriggeblieben. „Von Melle gehört seit über 160 Jahren zu den führenden Unternehmen, die die Tradition des Rotspon mit Leben erfüllen“, erzählt Inhaber Heinrich Püplichhuisen. Der Gründer Hermann Friedrich von Melle stammte aus einer der ältesten Lübecker Familien. 1853 eröffnete der Sohn eines Pastors seinen Weingroßhandel in der Beckergrube an der Untertrave, wo damals die Frachtschiffe anlegten. Seit 1975 ist Heinrich Püplichhuisen Hauptgesellschafter bei H. F. von Melle und Hausherr im historischen Gebäude. „Wir setzen auf ein breites, sorgfältig ausgewähltes Angebot erster Qualitäten deutscher und ausländischer Weine. Besonderen Wert legen wir dabei auf die Tradition des Lübecker Weinhandels und damit auf die guten französischen Weine.“ Nach den Bordeauxweinen waren es die Burgunder, die schon früh den guten Ruf der Rotweine aus Lübeck begründeten. Heute kommt die edle Fracht nicht mehr mit dem Schiff, sondern mit dem Tanklastzug nach Lübeck. „Dabei kommt es vor, dass wir auch mal einen oder zwei Weinjahrgänge auslassen, die nicht so gut gewesen sind. So können wir gewährleisten, dass der Lübecker Rotspon von gleichbleibend hoher Qualität ist“, erläutert Manuel Mack. Neben dem sehr beliebten hochwertigen „Fredenhagen“ führt von Melle zwei Rotweine für den täglichen Genuss mit trockener beziehungsweise milder Note im Sortiment. Der anspruchsvolle „Rotspon Bordeaux A.C. Tradition“ zeichnet sich durch einen samtigen und anhaltenden Geschmack aus. Er entwickelt im Glas einen Duft von Cassis und Schattenmorellen. „Dieser Traditionswein passt hervorragend zu kräftigen Speisen wie Braten und gereiften Käsesorten“, sagt Weinkenner Heinrich Püplichhuisen. „Ich genieße ihn mit gegrilltem Rinderfilet, Meterbrot und Salat.“
Mit 15 Mitarbeitern in Lübeck kann von Melle eine breite Palette hochwertiger Gewächse liefern – darunter auch den in der Region bekannten Althäuser Sekt und Althäuser Secco. „Hier achten wir sehr auf die Qualität der Grundweine mit einer dazugehörigen Frische, Eleganz und Harmonie“, so Manuel Mack. Am liebsten genießt er den Althäuser Secco selbst zu Limettentrüffel. Und was rät der Kenner für den Klassiker, den Lübecker Rotspon? „Da ist die Wahl ganz klar: Lübecker Marzipan mit dunkler Schokolade passt perfekt.“ Selbst bei Rathausempfängen mit dem Bürgermeister kosten die Gäste traditionell die süß-herbe Mischung mit der großen hanseatischen Tradition.