Wo ist das Stroh geblieben? Lag es sonst nicht immer großzügig verteilt zwischen den Pflanzenreihen auf den Erdbeerfeldern? Jetzt heißt es eher: Es grünt so grün … Ulrike und Robert Dahl steigen aus dem Geländewagen, gehen aufs Feld und checken die Lage. Eine Maschine fährt langsam durch die Reihen und mäht das Grün millimetergenau ab. „Von Stroh haben wir uns tatsächlich verabschiedet“, sagt Robert Dahl und wird nur ein bisschen sentimental. „Grüne Reihen mit weißen Blüten und später roten Beeren auf gelbem Stroh – dieses Bild gehört der Vergangenheit an.“ Warum? Zum einen kam aus dem Stroh immer wieder Unkraut durch, zum anderen flogen die Halme umher, oder es wurde bei zu viel Regen unangenehm matschig. „Viele Pflücker reagieren auch allergisch auf Stroh.“ Nun also die grüne Alternative: „Wir säen in die Zwischenräume verschiedene Pflanzen. Jetzt ist es gerade die einjährige Rispe.“ Ziel ist, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf null zurückzufahren. Rückstände im Inneren der Erdbeere? Bloß nicht!
Viel Technik, noch mehr Liebe
Mit seiner Schwester geht der 51-Jährige weiter durch die Reihen. Jetzt im Mai sind weiße Blüten zu sehen. „Und wie kräftig der Wuchs ist“, freut sich Ulrike Dahl, die ihr Handy zückt und begeistert Fotos macht. Ihr steht die Liebe zur Frucht ins Gesicht geschrieben. Die Sorte, die hier auf dem Feld wächst, heißt „Elianny“. Sie zeichnet sich durch feste, hellrote und süße Früchte aus. 30 Tage braucht sie noch nach der Blüte, dann wird sie geerntet. Nebenan liegt ein großes, fast düster wirkendes Feld. Schwarze, biologisch abbaubare Folien sind über kleine Dämme gezogen, und durch diese Folien wachsen die Früchte. Robert Dahl wühlt mit den Händen in der Erde und legt einen Schlauch frei. Ganz in der Nähe befindet sich ein riesiges Regenrückhaltebecken. Es gehört zu Karls Erdbeerhof und dient der Bewässerung der insgesamt 430 bewirtschafteten Hektar. „Durch den Schlauch gelangt alle zwei, drei Tage das Regenwasser an die anspruchsvollen Pflanzen, sodass sie jederzeit optimal mit Feuchtigkeit versorgt sind“, erklärt Robert Dahl, der mit seiner Familie zum größten Erdbeeranbauer in Deutschland geworden ist. Drei Arbeiter sind gerade dabei, die Folien auf die Dämme zu legen. Robert Dahl hält an und unterhält sich mit ihnen auf Polnisch. „Mein Bruder hat ein Jahr in Polen gelebt und spricht die Sprache fließend“, erzählt Ulrike Dahl. Was er gerade gesagt hat? „Ich habe gefragt, wann sie fertig sind und wann wir mit dem Pflanzen anfangen können.“ Leider würden immer weniger Erntehelfer aus Polen kommen. Zurzeit packen viele Rumänen an. „Aber auch das ist nur eine Frage der Zeit, bis sie weniger werden.“ Auch sie werden vermutlich bald große wirtschaftliche Sprünge im eigenen Land machen.
Die Zukunft: Ernten im Stehen
Deswegen muss der Erdbeeranbau dringend für deutsche Arbeitskräfte attraktiver werden. Robert Dahl hat da auch schon eine Idee. Mit dem Auto geht es zu mehreren überdachten Gewächshäusern. Die Erdbeerpflanzen wachsen hier in Kästen auf Brusthöhe. Kein Bücken mehr, stattdessen wird im Stehen geerntet – traumhaft bequem. Diese Art des Anbaus will Karls künftig ausbauen. „Das Pflücken geht schneller, wir können höhere Löhne bezahlen.“ Das Unternehmen tüftelt noch an vielen weiteren Ideen. So wird zum Beispiel an einem Ernteroboter gearbeitet. „Das dauert aber noch ein paar Jahre“, prognostizieren die Dahls. Auch Bioenergie ist ein großes Thema. Sie soll vermehrt in den mittlerweile sieben zu Karls gehörenden Erlebnisdörfern bei Lübeck, Rostock, Berlin, Warnemünde, Rügen, Usedom und Magdeburg eingesetzt werden. Die familienfreundlichen Freizeitattraktionen mit viel Spiel und Spaß für Kids sowie eigenen Manufakturen für Fruchtaufstriche, Kaffee, Schokolade, Eis, Seifen und vieles mehr sind beliebt. „Auch das Thema Nachhaltigkeit wird bei uns immer wichtiger“, betont Ulrike Dahl. Sie und ihr Bruder sind Visionäre, ebenso wie es ihr Opa Karl und ihr Vater Karl-Heinz waren. Doch bei allem, was die Dahls tun, steht immer die kleine, pralle Erdbeere im Mittelpunkt. „Wir sind erdbeersüchtig – merkt man, oder?“, sagt Ulrike Dahl und lacht herzlich. Auf der Rückfahrt zum Betrieb naschen die Geschwister reichlich Früchte der früh reifenden Sorte „Flair“ und sind sich einig: „Wer kann davon schon genug bekommen?“
Erhältlich in den Erdbeerhäuschen vor vielen famila- und Markant-Märkten.
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