Bremen galt einst als Kaffeestadt. Vor rund 80 Jahren boten hier über 250 Röstereien ihre Spezialitäten an. Eine der wenigen, die überlebten, ist Lloyd Caffee von 1930. Christian Ritschel veredelt hier heute ausgesuchte Bohnen ganz individuell per Hand.
Hier kam früher der Rohkaffee direkt vom Schiff an“, sagt Christian Ritschel und zeigt mit einer Geste um sich. Der 56-Jährige steht inmitten der gläsernen Lloyd-Rösterei mit Café im Bremer Holzhafen. Aus einem Sack vor ihm holt er eine Handvoll kleiner grüner Bohnen hervor. „Und? Was riechen Sie?“ Wir riechen nichts. „Genau. Das typische Aroma entwickeln Kaffeebohnen nicht etwa am Strauch oder während des Röstvorgangs, sondern es entsteht erst zwei Tage nach dem Rösten.“ Obwohl es mit Robusta und Arabica nur zwei Arten von Kaffeepflanzen gibt, schmecken Experten je nach Röstvorgang und -technik, je nach Herkunft und Güteklasse Dutzende Aromen heraus. Die Qualität der Bohnen hängt davon ab, in welcher Höhe und auf welchem Boden die Pflanzen wachsen und ob die Ernte per Hand oder maschinell durchgeführt wurde. Robusta-Kaffee wächst eher im Flachland, Arabica in höheren Lagen. Die Auswahl der Bohnen beeinflusst den Geschmack ganz wesentlich.
Der Röstmeister schüttet den Rohkaffee in die Rösttrommel, die ein Gasbrenner bereits auf 200 Grad erhitzt hat. Während sich die Trommel dreht, werden die Bohnen innerhalb von rund 20 Minuten braun geröstet. So entfaltet sich der Geschmack. In der Industrie, erzählt Christian Ritschel, sind dafür anderthalb Minuten vorgesehen, deshalb wird mit höheren Temperaturen gearbeitet – zu Lasten der Aromavielfalt. „Für Filter- und Brühkaffee rösten wir die Bohnen heller, für Espresso dunkler.“ Um zu wissen, wann der richtige Moment erreicht ist, reicht ein Blick. „Rösten wir die Bohnen zu lange, werden sie ölig und schnell ranzig.“ Je nach Anbaugebiet reagieren sie ganz unterschiedlich auf die Hitze. „Bei Bohnen aus Indonesien muss man viel genauer hinsehen und den richtigen Moment exakt abpassen. Bohnen aus Mittelamerika sind unkomplizierter. Kaffee ist ein spannendes Naturprodukt.“
Nach dem Rösten kühlt der Kaffee in einem Sieb fünf Minuten ab. Damit keine Steine in die Kaffeetüte gelangen, pustet ein Luftstrom jede Bohne einzeln in das Mahlwerk. Von dort wird das Kaffeepulver in Pakete mit 250 und 500 Gramm abgefüllt. 50 Tonnen Röstkaffee verkauft Lloyd Caffee im Jahr, Tendenz steigend. Die Bohnen stammen von ausgewählten Händlern und kleinen Kaffeebauern, die Christian Ritschel und sein Geschäftspartner schon lange kennen. Sie werden fair bezahlt und fördern im Gegenzug Schulen und Krankenstationen in ihrer Region. „Wir tragen eine Verantwortung“, sagt Christian Ritschel, „und die nehmen wir ernst.“