Traditionsbrot von hoher See

Dass er einen Schatz gefunden hatte, war Jürgen Bachendorf nicht klar, als ihm im Jahr 1999 ein paar uralte Blätter mit Sütterlinschrift in die Hände fielen.

Foto(s): Henrik Matzen

Die Schwiegermutter entzifferte das Brotrezept, das Bachendorfs Großvater für seine Arbeit als Bäcker auf See entwickelt hatte. Heute steht das Schifferbrot aus Nordschleswig für köstliches und bekömmliches Backwerk nach alter Tradition. Hinter der Tür zur Bäckerei Bachendorf im Dorf Gammellund zwischen Schleswig und Flensburg verbirgt sich fast ein kleines Museum. Stolz zeigt Jürgen Bachendorf die Schätze: den Meisterbrief von Opa Jürgen Hinrich von 1926, diverse Urkunden und ein farbenfrohes Stickbild. Das Kunstwerk hatte der Großvater einst als Erinnerung an seine Reisen auf der S/S Brasilia fertigen lassen – bis er genug hatte vom Leben auf See und dort seinen Anker warf, wo die Familie schon seit Generationen zu Hause war: in Gammellund. Heilfroh mag er gewesen sein, dass er endlich Brot so backen konnte, wie er wollte, und nicht mehr ständig improvisieren musste. Dabei war es ihm gelungen, auch unter schwierigen Bedingungen die Mannschaft mit gutem Nordschleswiger Brot zu versorgen. Das Rezept dafür legte er beiseite.

„Dieses Rezept machte mich einfach neugierig.“

Jürgen Bachendorf erinnert sich, wie er das Rezept Jahrzehnte später zufällig fand. „Ich war einfach neugierig. Einiges kam mir auch merkwürdig vor.“ Und manches war einfach schwierig zu verstehen. Zum Beispiel, dass man einen „Welling“ machen solle. „Kein Mensch wusste, was das ist. Bis mir einfiel, dass meine Oma so Getreidegrütze genannt hatte.“ Der Ehrgeiz war geweckt, das Experimentieren in der Backstube begann. Nach und nach wurde das Schifferbrot mit aufgekochter Backgerste immer besser, aber es dauerte, bis auch die Kunden überzeugt waren. Der Durchbruch kam, als Hermann Langness, Chef von Bartels-Langness (famila, Markant), bei einer Ausstellung auf das köstliche Brot aufmerksam wurde und es ins Sortiment aufnehmen ließ.

Gutes Brot braucht seine Zeit

Längst haben sich Jürgen Bachendorf und seine Söhne Bernd und Jörg ganz auf das Schifferbrot in drei Sorten spezialisiert. 6.000 Laibe pro Woche werden gebacken, danach gekühlt, damit sie geschnitten werden können, verpackt, für lange Haltbarkeit nochmals bei 90 Grad in den Ofen gestellt und ausgeliefert. „Aber am wichtigsten ist die Qualität, nicht die Menge“, betont der Chef. „Wir geben dem Brot die nötige Zeit. Nur dann schließt die Fermentation das Getreide auf und sorgt für den besonderen Geschmack.“ Beim Roggen-, beim Vierkorn- und beim Weizenbrot gibt es bis heute ein paar Kniffe, die die Familie als Geheimnis hütet. Dass mit dem Schifferbrot das Biogetreide Einzug in die Bäckerei hielt, ist für Jürgen Bachendorf ganz logisch: „Wir wollen das Brot exakt so machen wie Opa vor 100 Jahren – und da gab es doch nichts anderes als Bio.“

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