Der Satz auf den Verpackungen klingt fast ein bisschen trotzig: „Es ist riskant – wir wagen es trotzdem“, steht neuerdings auf den Milch-, Joghurt- und Butterverpackungen aus der Hamfelder Hof Bauernmeierei, begleitet von einem QR-Code, über den sich weitere Infos abrufen lassen. In der Tat geht die Bauerngemeinschaft einen sehr mutigen Schritt: Seit 1. Oktober bekommen ihre Landwirte rund 20 Cent mehr pro Liter Rohmilch ausgezahlt. „Wir haben drei Jahre gemeinsam an unserem Konzept gearbeitet und sind absolut überzeugt, dass dies der richtige Weg ist. So haben wir die Möglichkeit, die ökologische Landwirtschaft, wie wir sie verstehen, weiterzuentwickeln und zukunftsfähig aufzustellen“, betont Janosch Raymann. Der Geschäftsführer der Bio-Meierei aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg ist hocherfreut über die positiven Gespräche mit dem Einzelhandel, der diese Preiserhöhung mitträgt. Jetzt sind die Verbraucher mit ihrem Kaufverhalten am Zug.
Die Kälber bleiben bei den Müttern
Das Geld sei hervorragend angelegt, findet Janosch Raymann, der Hierleben zum Vor-Ort-Termin auf den Hof von Familie Tams in Ausacker südlich von Flensburg eingeladen hat. Johannes Tams und sein Sohn Hauke, der den Betrieb in zwei Jahren übernehmen wird, gehören zu den rund 40 Mitgliedern der Bauerngemeinschaft Hamfelder Hof und haben an den Qualitätsstandards mitgearbeitet, denen sich die Landwirte zusätzlich zu den Bioland-Richtlinien künftig verpflichtet fühlen. Ein besonderer Punkt auf der langen Liste: Bis spätestens 2025 sollen alle Kälber auf den Höfen der Bauerngemeinschaft die ersten drei Monate ihres Lebens bei ihren Müttern oder Ammenkühen aufwachsen. Immer mehr Erkenntnisse zeigen, dass für Sozialverhalten und Gesundheit der Tiere dieses Zusammensein erhebliche Vorteile bietet. Momentan werden in der Milchwirtschaft die meisten Kälber unmittelbar nach der Geburt von den Muttertieren getrennt und gesondert aufgezogen. „Wir machen derzeit erste gute Erfahrungen mit zwei Ammenkühen, die sich um sieben Kälber kümmern“, erläutert Johannes Tams beim Gang über die Koppel. Ihm gefällt es, die Interaktion zwischen den Tieren zu beobachten. Bis allerdings die komplette Nachzucht seiner 130 Angler Milchkühe so aufwachsen kann, ist noch einiges anzupacken. „Der Platzbedarf und die Anordnung der Stallbereiche sind komplett anders. Das geht nur mit einem Neubau, das ist eine Millioneninvestition“, so der 58-Jährige. Nur mithilfe des höheren Milchpreises von der Meierei und weil Hauke (23 Jahre) sich für die Landwirtschaft entschieden hat, um den Hof in die Zukunft zu führen, sind solche Pläne umsetzbar.
Ein bunter Blumenstrauß an Maßnahmen
Auf der Zukunftsagenda der Bauerngemeinschaft Hamfelder Hof stehen noch etliche weitere Punkte zum Tierwohl unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Empfehlungen. Was die Weidehaltung angeht, ist Hof Tams schon vorbildlich aufgestellt: Täglich werden die Kühe auf große Grasflächen einige Hundert Meter vom Stall entfernt getrieben. „Durch die viele Bewegung sind unsere Tiere topfit“, ist Hauke Tams überzeugt. „Außerdem merken wir sofort, wenn mit einer Kuh etwas nicht stimmt.“ Mehr extensive Grünlandflächen, mehr Knicks sowie absolute Schutzflächen gehören zu den Zielen der Hamfelder Hof Bauerngemeinschaft, um ihrer gesellschaftlichen Verantwortung für Boden und Grundwasser nachzukommen. „Jede Form von Landwirtschaft hat Auswirkungen auf das ökologische System“, sagt Janosch Raymann. „Es liegt in unserer Verantwortung, unseren landwirtschaftlichen Fußabdruck mit Bedacht zu setzen.“ Stolz weist Johannes Tams auf einen ungenutzten Streifen mit abgeflachter Uferböschung am Ende der Kuhweide. „Hier wurde vor einigen Jahren die Au renaturiert. Dafür haben wir Flächen zur Verfügung gestellt“, berichtet der Landwirt, der sich für die heimische Vogelwelt von der Schwalbe über den Kiebitz bis zum Storch begeistern kann.
Gute Perspektiven für Bauernfamilien
Reichlich Projektarbeit liegt hinter der Bauerngemeinschaft. Und jetzt fordert die Umsetzung des ambitionierten Plans den Landwirten viel ab, denn eine andere Form der Tierhaltung bedeutet auch andere, bisweilen arbeitsintensivere Abläufe. „Das wird eine Kraftanstrengung“, weiß Janosch Raymann. „Aber was wirklich schön ist, ist die Aufbruchstimmung, die wir bei den Beteiligten spüren. Das macht Mut und setzt bei uns allen viel Energie frei.“ Sieht man das Leuchten in den Augen von Junior Hauke Tams, wenn es um die kommenden Aufgaben geht, braucht man um die Zukunft der ökologischen Landwirtschaft nicht bange zu sein.
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