Auf dem Cover des Buches sieht man den Rücken einer Frau, die den Reißverschluss ihres schwarzen Kleides offensichtlich gerade öffnet. „Oh, was für ein erotisches Foto“, sagt Hilli Bannert, die mit einem kleinen Reiskocher unter dem Arm und Tüten voller Lebensmittel zum Kochen antritt. Tarja stellt sich als Autorin vor und erklärt, dass in ihrem Buch „Nächte mit Tom“ ausgerechnet eine Kochbuchautorin die Hauptrolle spielt. Die eigentlich glücklich verheiratete Frau namens Nina lernt bei einem ihrer Kochkurse einen jüngeren Mann kennen, mit dem sie sich auf ein erotisches Abenteuer einlässt, weil sie das Gefühl hat, etwas in ihrem Leben verpasst zu haben. „Ein Glück, dass wir heute hier keinen Mann dabeihaben“, scherzt Hilli, „zumal ich mit erotischen Abenteuern nichts mehr am Hut habe.“ Da müssen Maria und Tarja herzhaft lachen, die Sympathie unter den drei Frauen steigt zusehends, und die Zutaten zum Kochen werden ausgebreitet.
Die meisten hat Hilli dabei, die für den Hauptgang verantwortlich ist. Ihr Gericht setzt sich aus vier unterschiedlichen Komponenten zusammen. „In meiner Heimat findet man Reis und eine Gewürzpaste auf fast jedem Teller“, erzählt sie. Der Kontakt zu anderen Kulturen habe die indonesische Küche über Jahrhunderte geprägt. Buddhistische und hinduistische, christliche und islamische Einflüsse hätten genauso ihre Spuren hinterlassen wie Kolonisatoren aus den Niederlanden oder Einwanderer aus China. Tarja und Maria fragen sich, was wohl in der Packung ist, die wie ein Stück Schafskäse aussieht? „Das ist Tempe“, erklärt Hilli, „traditionell aus Sojabohnen hergestellt, während man Tofu aus Sojamilch gewinnt. In Tempe stecken aber weitaus mehr Nähr- und Ballaststoffe.“ Eine ihrer Schwestern lebt in den Niederlanden, und wenn Hilli sie besucht, kauft sie dort nicht nur Tempe, sondern bringt auch immer frischen Fisch in der Kühlbox mit nach Hause. Bei Fisch kann Tarja ein großes Wörtchen mitreden. „Da bin ich arg verwöhnt“, erzählt sie. Nicht nur, weil sie ein kleines Ferienhäuschen an einem glasklaren fischreichen finnischen See hat. Ihr Vater sei auch ein versierter Angler und verstehe sich ganz großartig aufs Räuchern der Fische.
Maria hält eiförmige Früchte in die Höhe, die mit ihrer Farbe perfekt zu ihrem schönen roten Kleid passen. „Das sind Tamarillos“, erklärt sie, „man nennt sie auch Baumtomaten, sie haben aber mit der Tomate wenig gemeinsam.“ Das geleeartige Fruchtfleisch dieser Obstsorte schmeckt süß-säuerlich. Ihr sei am Tag zuvor ein Stein vom Herzen gefallen, dass sie die exotischen Früchte, die aus dem Hochland der kolumbianischen Anden stammen, im Supermarkt erstehen konnte. Aus der gleichen Region der Welt kommt der Bio-Rohrzucker, eine Zuckerspezialität aus 100 Prozent eingekochtem Zuckerrohrsaft mit einer sandigen Konsistenz. Mit diesem Zucker bereitet Maria eine erfrischende Zitronenlimonade zu. Durch das Haus zieht ein Geruch von Zimt und Nelken, der sich mit den Aromen von Zitronengras, Kaffirlimettenblättern, Kokosmilch und angebratenem Hühnerfleisch vermischt. Zuvor hat Hilli die Gewürze in Windeseile klein gehackt und in ihrem mitgebrachten Mörser fein verrieben.
Tarja hat das Brot schon zu Hause gebacken. Nach ein bis zwei Tagen Ruhe schmeckt es einfach besser. Sie demonstriert jedoch ihren beiden Mitköchinnen, wie man den Teig zubereitet. „Was finnisches Brot so besonders macht, sind die zahlreichen Sorten an dunklem Vollkorn-Roggenbrot“, weiß sie. Ein wichtiger Bestandteil ihres Brotes ist Malz, das man in Finnland in jedem Supermarkt kaufen kann. Der Tisch ist gedeckt, die vielen Speisen stehen auf dem Tisch. Die Damen stoßen mit einem kühlen Weißwein auf all ihre Köstlichkeiten an. Hilli und Maria verabreden sich, Tarjas Lesung zu besuchen, die demnächst in einer Galerie stattfinden wird. Vielleicht gewinnt die Autorin zwei neue Leserinnen, und vielleicht beginnen neue Freundschaften?
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